Und tschüß lieb gewonnener Determinismus! ‚Seltsam‘ sagen die Physiker am liebsten, wenn sie das scheinbar Absurde an der Quantentheorie beschreiben wollen. Skifahrer etwa, die mit einem Bein rechts und mit dem anderen links an einem Baum vorbeifahren, oder Katzen, die gleichzeitig tot oder lebendig sind, solange nur keiner hinschaut – all das ist in der seltsamen Welt der Quanten scheinbar möglich.

Kein Wunder, dass sich viele weigern, sich mit diesen Theorien zu beschäftigen, da wird dann doch lieber auf etwas (vermeintlich) Greif- und Erlebbares zurückgegriffen Einstein konnte seine Abneigung gegen diese Sicht auf die Welt nie überwinden. „Der Alte würfelt nicht“, grummelte er und trieb die Absurdität auf die Spitze, indem er die Physik mit gedanklichen Paradoxa konfrontierte, die wahr wären, würde die Quantentheorie stimmen.

Doch heute ist klar: Die Welt ist genau so paradox, wie sie den Quantenmechanikern erscheint. Nicht die Quantentheorie bedarf der Korrektur, sondern unser Verständnis von Wirklichkeit, nicht nur der Logik. Dass Photonen bis hin zu Fullerenen sich nachweislich nicht an die Regeln des Determinismus halten, ist mittlerweile allgemein bekannt. Nur was bedeutet das für mich, außer natürlich, dass ich viel Technik nutzen kann, die darauf aufbaut?

Die sich aus dem Doppelspaltexperiment ergebende Erkenntnis ist eigentlich einfach und klar: Indem ich etwas messe, wobei auch das einfache Hinschauen schon ein Messvorgang ist, sucht das Gemessene der Frage eine passende Antwort geben zu wollen. Feuert man ein Elektron auf zwei nah zusammenliegende Schlitze, dann schlüpft es scheinbar durch beide gleichzeitig. Aber eben nur scheinbar.

Zeit, sich Gedanken über die Natur der Realität zu machen. Mathematisch gesehen ist das, was durch beide Spalte geht, weder ein physikalisches Teilchen noch eine Welle im klassischen Verständnis, sondern eine so genannte Wellenfunktion – eine abstrakte mathematische Beschreibung für den Zustand des Photons, in dem Fall seine Position. Nach der Interpretation von Werner Heisenberg sind Dinge erst dann real, wenn sie beobachtet werden.

Er hielt es für nicht mehr möglich, zur Vorstellung einer objektiven realen Welt zurückzukehren, deren kleinste Teile in der gleichen Weise objektiv existieren wie Steine oder Bäume, gleichgültig, ob wir sie beobachten oder nicht. John Wheeler kam zu dem selben Ergebnis. Letzen Endes sei „ein elementares Quantenphänomen so lange nicht wirklich, solange es nicht registriert ist.“ Alles klar?

Das betrifft jedoch nur scheinbar alleine die Dinge um uns herum. Da wir selbst wie alles andere auch aus Atomen bestehen und die den physikalischen Gesetzmäßigkeiten folgen, tun wir das auch, natürlich nur noch komplexer. Nur: Was bedeutet das für mich? Die aktuellen Experimente zeigen, dass wir noch nicht so weit sind, eindeutige Aussagen über die Realität zu treffen, auch wenn einige Ideen mathematisch oder philosophisch gut motiviert sind.

Nur das bedeutet definitiv nicht, dass ich das ignorieren dürfte, bis sich die Damen und Herren Wissenschaftler geeinigt haben. Zumindest soweit Einigkeit in der (philosophischen) Interpretation der Fakten besteht, muss ich davon ausgehen, auch wenn diese noch auf wackeligen Füßen steht. Will ich jedoch nicht im Mystizismus landen, darf ich ungesicherte Dinge nicht annehmen, etwa ganz selbstverständlich davon auszugehen, etwa dass ich wüsste, was Bewusstsein ist.

Hilfreich ist da die Methode des Ch’an, wenn es darum geht, alles genauestens zu verifizieren. Etwa festzustellen, dass meine Frau und ich manchmal etwas Identisches denken. Dann kann ich verifizieren, wann das sicher nicht (!!) passiert, nämlich, wenn wir uns streiten. Hingegen passiert es öfters, wenn wir dialogisch miteinander kommunizieren. Also Dialog und kein Diskurs oder Disput und auch keine Diskussion mehr.

Und wenn wir es dann noch schaffen, in einen Flow zu kommen und dort zu verweilen, dann steht all diesen Phänomenen nichts mehr im Wege. Denn es passiert, ob ich es will oder nicht – es sei denn, ich verhindere es. Etwa, indem ich versuche bewusst zu handeln. Oder ich entweder nur der Intuition oder nur der Logik folge – beides funktioniert nicht.

Daher überlege ich mir beispielsweise ganz genau, wie ich mit dem Motorrad eine Spitzkehre ideal anfahre (Logik) um es dann einzuüben, damit ich es anwenden kann (Intuition). Klappt nur, wenn ich keinen der ersten beiden Schritte auslassen darf. Nur auf die Intuition ist verlass, was nicht bedeutet, dass sie korrekt sein muss. Das wäre ein gewaltiger Trugschluss. Und weil das tatsächlich klappt, suche ich das auch sonst zu praktizieren. Und ich gehe immer davon aus, dass, egal was ich mache, ich den anderen ‚irgendwie‘ beeinflusse – wie auch immer. Ich weiß zwar nicht wie, aber ich tue es.

Dementsprechend richte ich mein Leben aus. Der Satz Des Menschen Wille ist sein Himmelreich bekommt so eine ganz andere, neue Bedeutung. Nach christlicher Vorstellung bedeutet der Himmel das Endziel der Hoffnung und ist ein Inbegriff vollendeten Glücks. Nehme ich hingegen die Erkenntnisse aus dem Doppelspaltexperiment ernst, hat das, was ich will, eine enorme Bedeutung – und vor allem auch das, was ich zu tun unterlasse, weil ich (noch) nicht zu dem stehe, was richtig wäre zu tun.

Für mich ist das eine Quintessenz aus dem Doppelspaltexperiment: Vollkommene Klarheit, eindeutige Kommunikation und absolut kein Geschwurbel. Dabei muss ich und sollte ich mir nicht nur darüber im Klaren sein, dass ich immer auch für alles Existierende mit handle, denn die Welt und ich sind zwar differenziert, aber eins.

Eines darf dabei nicht übersehen werden: Alles, was heute schon technisch machbar ist, wurde nur erkannt, weil es vorher als Theorie gedacht wurde. Sonst wären die Versuche nicht unternommen worden, mit denen dann der Beweis für die Richtigkeit dieser Theorien geführt wurde, auch wenn „eigentlich“ eine andere Antwort erwartet wurde. Ohne Theorie keine wissenschaftliche Erkenntnis. Und ohne die Theorie im Kopf, dass ich mein Hungergefühl beseitigen kann, wenn ich ein Brot esse, würde ich verhungern.