Das ist meine Lebensphilosophie, die von anderen oft als Arroganz missverstanden wird, glaube ich doch nur, was ich selbst erkannt habe. Und was ich für mich erkannt habe, ist für mich auch definitiv so. Bis ich etwas anderes erkenne.

Was Menschen, die sich lieber führen lassen, offensichtlich nicht verstehen können. Was wiederum ich nicht verstehen kann ist, weshalb man sich dann nicht auf die dialogische Suche nach Wahrheit macht, was natürlich bedeutet, den anderen verstehen zu wollen. Was mich zu dem Verhältnis von Dogmatismus und Dynamik bringt.

Eine interessante Frage, die Alexander Alexandrowitsch Malinowski, besser bekannt unter seinen Pseudonym „Bogdanow“, von Beruf Arzt, ein russischer Philosoph, Ökonom, Soziologe und Verfasser utopischer Romane aufgeworfen hat: Verkennt ein ideologischer Dogmatismus nicht nur die Dynamik des wissenschaftlichen Denkens, sondern führt er nicht auch zu einem politischen Dogmatismus?

Und stimmt, wovon Karl Marx ausging, dass die Wirtschaftsstruktur unser Denken bestimmt? Für mich wirf das eine ganz andere Frage auf: Was bedingt einerseits mein Denken aktuell und was sollte andererseits mein Denken korrekterweise bedingen? Ist es letztlich mein inneres Weltbild, das mein Denken bestimmt? Denn das würde erklären, warum ich denke, wie ich denke und es würde auch zeigen, wie ich denken sollte.

Wahrscheinlich (oder sicher) ist die Wirklichkeit komplizierter als der naive Materialismus der Physik des 18. Jahrhunderts. Die Welt in Materie und Geist zu trennen ist kaum die Lösung, jedenfalls nicht in meiner Vorstellung. So zu denken beantwortet die Fragen nicht, die uns heute beschäftigen.

Mit anderen Worten: Wir haben noch keine wirkliche Alternative zu dem ideologischen Dogmatismus, der die Dynamik des Lebendigen ausblendet. Und ja, wir haben es gerne klar und geordnet, doch wir mögen keine Dynamiken, die wir nicht vorausschauen oder zumindest einigermaßen planen können.

Wenn wir, wie es etwa Bogdanow gedacht hat, Macht und Kultur dem Volk überlassen sollten, was meinem Denken sehr nahe kommt, denn ich bin ein Verfechter des Anarchismus, so haben wir doch ein Problem, unabhängig davon, dass die Menschen erst einmal wie Bogdanow denken können müssten, damit seine Ideen überhaupt gelebt werden können.

Das Problem ist der radikale Konstruktivismus, der in unserer das Denken prägenden Sprache steckt. Aber vielleicht ist das gar kein „Problem“, sondern nur unsere Art damit umzugehen? Während im radikalen Konstruktivismus die menschliche Fähigkeit, objektive Realität zu erkennen, mit der Begründung bestritten wird, dass jeder Einzelne sich seine Wirklichkeit im eigenen Kopf „konstruiert“, glauben Anhänger des Erlanger Konstruktivismus an eine gemeinsame Konstruktionsweise, dass es also mit Hilfe einer besonderen Sprach- und Wissenschaftsmethodik möglich sei, „das naive Vorfinden der Welt“ zu überwinden und durch „methodische Erkenntnis- und Wissenschaftskonstruktion“ zu ersetzen.

Was aber, wenn es eine „objektive Realität“ überhaupt nicht gibt, nicht geben kann und insofern beide Sichtweisen unzulänglich sind? Da bin ich dann wieder bei Bogdanow, dessen zentrales Konzept seiner theoretischen Überlegungen der Begriff der Organisation war. So wie soziales Leben die Organisation kollektiver Arbeit ist, ist Wissen die Organisation von Erfahrungen und Begriffen.

Bogdanows Weltbild ist eine Stufenleiter immer komplexer werdender Organisationsformen. Doch was ist das ursprüngliche Fraktal? Wahrscheinlich ganz einfach, dass all dem keine Organisationsform zugrunde liegt, sondern sich alles offen und frei entwickelt. Deswegen sieht eine Rose auch anders aus als eine Tulpe und ein Pferd anders als ich. Das, was die moderne Physik beschreibt, definiert nichts, aber es ermöglicht es.