Der hat zwei Aspekte, die leider leicht übersehen werden. Denkt man an den Atem, denkt man in der Regel positiv, etwa an das befreiende Gefühl des Einatmens und wohl kaum an das beengende Gefühl des Ausatmens. Doch das Eine ist nicht ohne das ihm Entgegenstehende und Auslösende.

Der vollständige Einatem löst den Ausatem aus, so wie der vollständige Ausatem den Einatem auslöst. Erst, wenn das eine ganz geschehen ist, ist die Voraussetzung für das Andere gegeben. Was mit dem Yin-Yang-Symbol nur unvollständig ausgedrückt wird, wird wesentlich stimmiger und vollständiger mit dem Symbol des T’ai-ki dargestellt, das auch das umfassende Tao, das versöhnende Prinzip enthält.

Viele Menschen sind es aus der Kultur der Fragmentierung heraus gewohnt, den einheitlichen Prozess in einen angenehmen Aspekt und sein Gegenüber zu differenzieren und zu trennen, wie etwa weiblich oder männlich, was im gewöhnlichen Verständnis leicht missverstanden werden kann, denn im Einen ist  das Andere notwendig vorhanden und nicht nur angelegt.

Werden diese scheinbar gegensätzlichen Aspekte nicht unter einem versöhnenden Aspekt wahrgenommen, können sie nicht gesehen und auch nicht verstanden werden. Es ist nicht etwa so, dass das Eine aus dem Anderen hervorgeht, denn tatsächlich ist es Eins, zwar nur differenziert und nur voneinander getrennt wahrnehmbar, aber doch Eins.

So wie der Lebensatem aus Ein- und Ausatem besteht, die sich eben nicht bedingen, sondern ein einheitlicher Prozess sind, so sind auch das Hervorbringen und das Auflösen des Gewordenen die zwei Aspekte eines einheitlichen Prozesses. Das Leben hat im Tod keinen Gegenspieler, sondern seine Erfüllung, seine Vollendung.

Sobald nicht mehr der einheitliche Prozess wahrgenommen wird, sondern seine Aspekte umgedeutet werden, die Einheit des Prozesses in Teile fragmentiert und getrennt gesehen werden und der Prozess als solcher damit letztlich negiert und gedanklich ausgeblendet wird, entsteht der Eindruck, es gäbe etwa gut und böse.

Dem versuchen viele dadurch zu begegnen, indem sie das Gute zu fördern und das Böse zu vermeiden suchen – statt wieder das versöhnende Prinzip der Einheit ins Spiel zu bringen und der Gesamtheit allen Seins gewahr zu werden.