Meine Gefühle entscheiden, wie ich drauf bin, doch mein Wissen entscheidet über meine Gefühle. Ich war heute in der Klinik, zur Kontrolle. Vor kurzem hatte ich eine Blutung in einem Auge. Ich hatte mich schon dran gewöhnt, schlechter als bisher zu sehen und war bereit, mich damit abzufinden.

Doch heute passierte ein regelrechtes Wunder. Der Arzt sagte mir heute, dass mein Auge wesentlich besser geworden ist – und was passierte? Schlagartig konnte ich besser sehen. Was aber unlogisch ist, denn ich konnte ja eigentlich davor genauso gut oder schlecht sehen wie danach.

Was also war anders? Ganz einfach, die Empfindung des Wahrgenommenen – und nicht des Gesehenen. Denn sehen kann ich auch (fast) ohne Hirn, doch etwas wahrnehmen kann ich nur durch das Hirn, also einen Denkprozess. Und der wird nicht durch Gefühle gesteuert, die Gefühle sagen mir, wie ich empfinde, was ich gesehen habe.

Das wiederum bedeutet, dass zwischen sehen und wahrnehmen noch etwas anderes mitspielt – die Interpretation des Gesehenen, ohne die ich ja nichts sehen könnte. Nicht so sicher bin ich, ob auf die sachliche Interpretation erst noch eine emotionale folgt. Aber, wie gesagt, da bin ich mir nicht sicher, denn das bedeutet ja nicht, dass die Interpretation korrekt sein muss.

Es kann ja sein, dass ich (relativ) schlechter sehen konnte, weil ich die unzutreffende Information abgespeichert hatte (ich hatte mich damit abgefunden, schlecht zu sehen). Ich jedenfalls tendiere dazu anzunehmen, dass eine unzutreffende oder einfach fehlende Information meine Gefühle ausgelöst hat.

Höre ich etwa das scheppernde Geräusch einer Blechdose und ärgere mich, weil da jemand einen solchen Krach macht und drehe ich mich dann um, schaue hin und fange sofort an zu grinsen – weil ich ein kleines Kind mit der Dose spielen sehe. Also ich würde sagen, die im Gehirn abgespeicherte beziehungsweise zur Verfügung stehende Information macht den Unterschied – nicht die Gefühle oder Emotionen. Die machen es nur für mich (und andere) erlebbar.