Kommt etwas Neues hinzu oder fällt etwas weg, ändert sich der Prozess, unter Umständen gravierend.

Wie sagt doch Ikkyû Sôjun: Dieses Boot ist und ist nicht; wenn es sinkt, verschwindet beides. Ich kann das als Ausdruck der Prozesshaftigkeit verstehen, denn das Boot ist nie „so“, sondern in permanenter Veränderung begriffen.

Wenn etwas hergestellt ist, zerfällt es auch schon wieder. Kaizen greift das mit dem Prozess der permanenten Verbesserung auf. Doch das Zitat von Sôjun so zu verstehen ist wohl zu kurz gegriffen beziehungsweise gedacht.

Mich erinnert das sehr an die Frage von Einstein, ob der Mond noch da wäre, wenn keiner hinschaut. Tatsächlich wäre der Mond nicht da, wenn er nicht in Beziehung mit etwas anderem stehen würde. Das ergibt sich aus dem Doppelspaltversuch. Wird das, was da ist, nicht gemessen, ist da nichts. Schrödinger hat das indirekt mit seiner berühmten Katze demonstriert.

Also wir können beruhigt sein, das Boot wird scheinbar da sein, denn es steht ja zu zumindest in Beziehung zu dem Wasser. Doch die Tatsache, dass es nicht mehr existiert, wenn es nicht in Beziehung zu etwas anderem steht, das ist die eigentliche Frage von Einstein und vielleicht auch die Ansicht von Sôjun. Ich vermute es mal.

Denn die Dinge existieren nur, wenn sie in Beziehung zu etwas stehen. Warum findet der eine mein Motorrad toll, der andere nicht? Ganz klar, andere Beziehung! Also sollte ich Beziehung als das ansehen, was es ist: Das Wesentliche und Eigentliche. Vertrackt komplex wird es, wenn ich das Boot als Prozess denke, und nicht als etwas Eigenständiges.

Würde es an meinem Motorrad etwas ändern, wenn ich es besser pflegen würde? Natürlich denkt mein Motorrad nicht, aber auch es besteht, so Hans-Peter Dürr, aus geronnenem Geist. Vielleicht sollte ich auch mit meinen Sachen respektvoller umgehen – und nicht nur mit Menschen. Was passiert, wenn ich mein Motorrad nicht als eine Sache ansehe, sondern als Teil eines Lebensprozesses, der ja etwas mit mir zu tun hat?

Besagt nicht die Gaia-Hypothese, dass die Erde und ihre Biosphäre wie ein Lebewesen betrachtet werden könne, da die Biosphäre – die Gesamtheit aller Organismen – Bedingungen schafft und erhält, die nicht nur Leben, sondern auch eine Evolution komplexerer Organismen ermöglichen?

Und nichts anderes haben auch die Quantenphysiker erkannt. Denn die Prozesshaftigkeit der Erde besagt, dass auch hinter (scheinbar) lebloser Materie Geist steht. Vielleicht hat das auch Tilopa gemeint, als er sagte „Wenn zugleich der Geist den Geist erblickt, vernichtet man alle Unterscheidungen und erreicht Buddhaschaft.“ Wer weiß? Aber es ist schon eine Herausforderung, zumindest noch für mich, so zu denken.