Halbwissen ist bequem. Da kann man sich schnell in ein Gespräch einklinken, hat was zu sagen. Aus einem Pott von Fakten, persönlichen Meinungen und Erfahrungen wird oft resümiert, was einem in den Kram passt. Ein Hinterfragen am Stammtisch ist nervig oder vielleicht nur peinlich und schon wird Halbwissen zur Regel erhoben. Demokratisch korrekt und persönlich legitim.

So hat „man“ mir beigebracht, nur mit der Vorderradbremse zu bremsen. Und um Himmelswillen nie in der Kurve bremsen! Was aus technischer Sicht Schwachsinn ist; nur sollte ich dabei vielleicht eher an die Hinterradbremse und nicht an die Vorderradbremse denken. Denn beide Bremsen wirken sich entgegengesetzt auf die Schräglage aus. Aber das muss man erst einmal wissen.

Fazit: Halbwissen kann gefährlich sein. Also doch die sokratischen Siebe konsequent auf die eigenen Rede anwenden? Ist etwas weder gut noch notwendig noch wahr, dann sollte ich  keine Energie darauf verschwenden und lieber schweigen.

Die Schwierigkeit ist dabei nur, einigermaßen sicher davon ausgehen zu können, dass das, was ich denke, auch tatsächlich wahr ist. Oder sollte ich besser davon ausgehen, dass es wirklich, aber nicht unbedingt wahr ist? Es ist nämlich ein prächtiges Paradox.

Wir leben in einer probabilistischen Welt, die jedoch alles andere als beliebig ist. Andererseits ist Beliebigkeit eine perfekte Art, um all die Wahrscheinlichkeiten nicht erörtern zu müssen – man lässt die getroffene Aussage einfach so stehen, selbst wenn sie fragwürdig ist.

Daher würde ich das obige Fazit etwas abändern wollen: Halbwissen ist gefährlich. Daher ist auch der Dialog die einzige wirklich kluge Art miteinander zu kommunizieren, denn er blendet nichts aus. Was ihn vielleicht für den einen oder anderen so anstrengend erscheinen lässt.

Nur so kann ich die Annahmen und Bewertungen erkennen, die hinter den geäußerten Meinungen stehen, was mich dem eigentlichen Ziel des Dialogs näher bringt, nämlich Gemeinsamkeiten zu erkennen oder auch etwas Neues und ganz Anderes zu entwickeln.