Bewusstheit lenkt den Geist. Sie bestimmt, was sein wird. Doch was lässt mich bewusst sein oder werden? Bei Bachs Toccata und Fuge in D-Moll kann ich das besser erkennen, mir bewusst sein (!), als wenn es still ist. Da gehen die Gedanken in eine andere Richtung. Oder, wenn ich Pink Floyd höre. Wenn ich darüber nachdenke, ist es ganz vorbei, auch wenn ich etwas darüber lese.

Bewusstheit ist eine sehr empfindliche Pflanze, die verschwindet, wenn ich sie „anfassen“ will, aber sie blüht auf, wenn ich ihrer gewahr werde. Und dabei auch noch das „mir“ in meinen Gedanken weglassen kann. Ich kann es nicht begründen, doch Bewusstheit ist jenseits jeglicher Dualität. Was wiederum bedeutet, dass, denken wir, wir hätten dieses oder jenes „bewusst“ getan, wir wohl eher denken sollten, dass wir es willentlich getan haben, aber nicht bewusst, jedenfalls nicht in diesem mystischen (?) Verständnis von Bewusstheit.

Ich finde es bedenkenswert, dass Erwin Schrödinger in Mind and Mater schreibt, dass es Bewusstsein seiner Natur nach nur in der Einzahl gibt, dass also die Gesamtzahl aller „Bewusstheiten“ immer bloß „eins“ ist. Und auch Albert Einstein hatte ja den Ruf des Mystikers. Haltungen, die uns „eigentlich“ nachdenklich machen sollten, wollen wir uns selbst ergründen. Denn das bedeutet offensichtlich, den Kosmos zu ergründen.

Beim Motorradfahren erlebe ich genau das. Entweder, ich habe alles „im Blick“ und bin mir dessen auch bewusst, ohne darüber nachzudenken. Ich muss es also nicht nur optisch wahrnehmen, sondern auch dessen bewusst sein. In dem Moment, in dem ich bemerke, dass ich über etwas nachdenke, bin ich mir bewusst, was ich da tue – und kann es auch lassen. Wie sagt doch Huang-po? „Deine Bewusstheit ist Buddha.“ Doch wehe, wenn sich jetzt Vorstellung von Buddha in meine Gedanken schleichen!

Die Situation des Motorradfahrens legt mir sehr an´s Herz, doch bitte bewusst zu sein. Und genau deswegen geht es mir dabei so gut. Nur sollte ich danach nicht wieder unbewusst werden und irgendwelche Objekte in meine Gedanken einziehen lassen, die dort nichts zu suchen haben. Denn worüber ich nachdenken, dass existiert ja in meinen Gedanken, und so schaffe ich mir eine ganz eigene Welt. Leider.

Worüber ich rede, existiert ja in meinen Gedanken, ganz real, untrennbar mit dem vermengt, was wirklich real ist! Huang-po sagt dazu Folgendes: „Vielleicht kannst du verstehen, dass es, wenn du frei wärest von diesen trugvollen Gedankenvorgängen, keinen „Buddha“ gäbe. Warum? Wenn du eine Regung deines Geistes erlaubst, eine Vorstellung von Buddha zu bilden, dann schaffst du ein objektives Wesen, das der Erleuchtung fähig ist. So erschafft jede Vorstellung eines Lebewesens, das der Befreiung bedarf, solche Wesen als Objekte deiner Gedanken.

Das hat er in „Der Geist des Ch’an“ geschrieben. Ich brauche mir also nur bewusst zu sein, wie mich meine eigenen Vorstellungen einsperren und erdrücken – und schon wäre damit Schluss. Nur fragen Sie mich jetzt bitte nicht, wie man bewusst wird! Denn bewusst kann ich nicht werden, ich bin es doch! Bewusstheit ist eine ursprüngliche geistige Fähigkeit, die wir schon immer hatten und auch noch haben.

Wir brauchen nur aufzuhören, sie unter Dingen zu vergraben, die in unserem Leben nichts verloren haben. Das ist, was ich durch das Motorradfahren „begriffen“ habe, denn beim Fahren ist das Unnötige ganz einfach weg; ich kann ja nicht fahren, ist es noch da. Und dass soll es auch bitte bleiben – weg.