Weil wir uns vielfach als reine Individualisten fühlen – aber tatsächlich nicht sind –, entgeht uns leicht ein stiller Entscheidungsteilhaber. Als Jugendlicher dachte ich immer, ich würde mich total individuell kleiden, dabei sah ich aus wie alle anderen auch. Und weshalb sollte ich nicht Röcke tragen? Machen Frauen doch auch! Oder Schotten!

Ich fühle mich als Individualist, bin aber doch ein Massenmensch, wie sich leicht an den Laufwegen von Fußgängern oder an politischen Entscheidungen erkennen lässt. Auch wir Menschen haben typisches Schwarmverhalten, nur sind wir derart von unserer individuellen Unabhängigkeit überzeugt, dass wir nicht merken, wie wir der Masse folgen.

Das Schwarmverhalten ist leicht zu beschreiben, nur wie das genau funktioniert, das lässt sich nur ahnen. Dabei ist es ein nicht zu leugnender Fakt. Der Einzelne orientiert sich an seinen direkten Nachbarn und achtet darauf, dass er mit denen nicht kollidiert. Aber da ist noch etwas Drittes. Es ist wie bei der Verschränkung.

Denn nicht nur einzelne Teilchen sind – wie etwa in einem Versuch – verschränkt, sondern wie Rovelli in seinem Buch Helgoland beschreibt, wohl alles. In den Versuchen wird es nur sichtbar. Verschränkung ist kein Tanz wischen zwei Teilchen, sondern ein Tanz mit einem in der Regel unbekannten Dritten oder Etwas, der oder das mit dem imaginenten Dirigier- oder Dirigentenstab die Richtung vorgibt, ein Tanz zu dritt.

Manchmal ist das tatsächlich ein Wer, manchmal aber auch ein nicht personalisiertes Was, eine gemeinsame Idee, eine Faszination oder auch die kollektive Angst vor einem Angriff, die dieses ‚Dritte‘ in Erscheinung treten lässt. Doch solange uns das nicht bewusst ist, macht uns der Einfluss des Kollektivs zu regelrechten fremdgesteuerten Robotern, wodurch wir unsere eigentlich vorhandene Entscheidungsfähigkeit aufgeben.