Die stille Sehnsucht vieler Menschen? Das ist blöd, denn das verhindert zu sehen, was ist. Es gibt in unserer Empfindung ganz klar gut und schlecht. So wollen wir lieber leben und nicht sterben. Jedenfalls mir geht es so. Doch ich weiß auch, würden nicht ständig Zellen in mir sterben und neue entstehen – in dieser Reihenfolge – dann würde ich als Ganzes nicht leben können.

Betrachte ich nur die Zelle und sehe ich nur zu leben als ‚gut‘ an, würde ich alles tun, um als Zelle nicht zu sterben – und damit das Weiterleben eines Organs verhindern. Aus der Perspektive der Zelle definiert sich was ‚gut’ ist anders als aus der Perspektive des Organs, denn aus seiner Sicht ist es ‚gut‘ wenn die Zellen nur eine bestimmte Lebenszeit haben und dann sterben – um Platz zu machen für neue.

Was also gut oder schlecht ist, ist eine Frage der Perspektive, nicht zu verwechseln mit gut oder böse. Das ist eine ganz andere Hausnummer. Sehen wir jedoch gut und schlecht aus der falschen Perspektive, wandelt es sich in unserem Denken leicht zu gut und böse – und umgekehrt!

Was ist also gut? Und was ist böse? Zuerst einmal sollten wir das nicht emotional und auch nicht ethisch beantworten, sondern ganz sachlich. Also Zellen müssen nach einer gewissen Zeit sterben. Ok.  Auch wir Menschen müssen irgendwann der Erneuerung Platz machen. Auch ok, damit diene ich ja dem Leben, das mehr ist als ich. Und das ist nicht nur ein räumliches Platzproblem.

Wo kommt eigentlich dieses Bild von einem Paradies her? Es ist eine Geschichte, eine Geschichte über Unwissenheit und dem Prinzip der Macht, denn ein Schöpfer hat die Macht zu erschaffen und damit logischerweise auch die Macht wieder zu zerstören. Doch sind wir nicht auch Schöpfer und haben damit gleichermaßen die Macht zu gestalten oder eben zu zerstören? Und sind wir nicht auch unwissend wie Adam und Eva?

Will ich also in meinem Tun wirklich „gut“ sein, muss ich den Schleier der Unwissenheit beseitigen. Nicht die Sehnsucht nach dem Gut-Sein bringt mich weiter, sondern der Erwerb von Wissen, um den Sumpf (ist vielleicht besser als von Schleier zu sprechen) der Unwissenheit trocken zu legen, dann kann ich nicht mehr darin versinken.

Dann würde ich wohl nur noch das „Gute“ tun, aber allein aus dem Grund, weil ich es nicht mehr vergöttere und nicht mehr an ihm hänge als an dem „Bösen“.  Das Böse nicht zu verdammen heißt ja nicht, nichts dagegen zu tun!

All das sind viele Gründe, neugierig zu sein und nach Erkenntnis zu streben, ist doch eine wichtige Erkenntnis die Erkenntnis der eigenen Unwissenheit und der Sehnsucht, diese zu überwinden – statt sich nach dem Paradies zu sehnen.

Im Ch’an heißt es, dass der vollkommene Weg keine Schwierigkeit kennt  – weil derjenige, der den Weg geht, sich jeder Vorliebe enthält. Das ist wirklich so, denn habe ich verinnerlicht, was ich brauche, um das Richtige tun zu können, mache ich mir keine Gedanken über Gut oder Böse, ich handle – und zwar richtig!

Es geht ja nicht um die Richtigkeit des Ergebnisses, sondern die Richtigkeit und Stimmigkeit des meinem Handeln zugrunde liegenden Denkens.