Weg der Wirklichkeit

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Vom Wissen zum Tun

Die wirkliche und eigentliche Herausforderung ist, sich auf das Leben einzulassen.

Was vielleicht einfacher ist, als es sich erst einmal anfühlt. Der Vergleich ist vielleicht absolut profan, aber ich will versuchen, es einmal zu verbalisieren: Es ist wie Motorradfahren. Motorradfahren besteht – jedenfalls für mich – im Wesentlichen aus drei Phasen.

Die erste Phase ist – ich mache eine Erfahrung oder befürchte eine entsprechende Situation. Etwa, dass ich Schwierigkeiten habe, eine Spitzkehre zu meistern und wegen der langsamen Geschwindigkeit nicht stürzen will. Dem schließt sich die zweite Phase an – ich mache sozusagen ein mentales Trockentraining, kratze meine Kenntnisse aus dem Physikunterricht zusammen und reflektiere, wie ich eine Spitzkehre ideal fahre (und nicht nur fahren kann!).

Dem schließt sich die dritte Phase an – ich setze das explizite Wissen als implizites Wissen ein. Ich übe also noch, fahre noch bewusst. Ich muss es also verinnerlicht haben, um es im Modus Denken durch NichtDenken anwenden zu können. Ist es nur als explizites Wissen verfügbar und muss ich noch darüber nachdenken, kann ich es definitiv nicht ohne weiteres anwenden. Das heißt, es darf mir nichts in die Quere kommen.

Wirklich anwenden kann ich ausschließlich implizites Wissen; über explizites Wissen kann ich nur schlau daherreden oder es einüben. Explizites kann ich von implizitem Wissen leicht unterscheiden: Ich brauche nur schnell genug zu sein. Bin ich nämlich schnell unterwegs, reduziert sich der Zeitraum in Richtung null, in dem ich eine Korrektur meines Handelns und Tuns noch vornehmen kann.

Bewege ich mich in dem Bereich des Flow, ist Nachdenken nicht mehr möglich, ich handle dann ausschließlich aufgrund Denkens durch NichtDenken. Ich laste mein System also aus, denke sozusagen mit hoher Geschwindigkeit. Es ist vielleicht wie beim Wasserskifahren. Ist die Geschwindigkeit sehr gering, wird kaum viel mehr als mein Oberkörper aus dem Wasser ragen. Ist die Geschwindigkeit jedoch ausreichend groß, beginne ich auf dem Wasser zu gleiten, das Wasser kann mich jetzt tragen – aufgrund der Geschwindigkeit.

Auch Motorradfahrer wissen, dass sie nur dann gut durch die Spitzkehre kommen, wenn sie ausreichend schnell unterwegs sind. Die Geschwindigkeit ermöglicht einen stabilen Fahrzustand des Motorrades. Wie beim Wasserskifahren auch. Oder beim Klettern. Je langsamer ich werde, desto schwieriger wird es. Und exakt so ist es auch bei dem Denken.

„Schnelles“ Denken bringt mich unter bestimmten Voraussetzungen in den Extremzustand des Flow, also des Denkens durch NichtDenken. Das hat einerseits etwas mit der Schnelligkeit des Denkens zu tun, andererseits mit dem zur Verfügung stehenden impliziten Wissen. Fahre ich schnell mit dem Motorrad ohne das erforderliche Wissen um die Spitzkehre, bekomme ich garantiert Schwierigkeiten, genauso, wenn ich zu langsam fahre.

Allein die Kombination von Schnelligkeit und korrektem (!!) implizitem Wissen lässt mich sicher um die Kurve fahren. Oder denken. Und das ist bei wirklich allem so, jedenfalls ist das meine Überzeugung.

Mysteriös oder mystisch?

Was trifft auf das Universum, auf die Welt und damit auch auf alle Lebewesen zu? Mysteriös oder mystisch? Einstein hat sich ja sein Leben lang geweigert, die Kopenhagener Deutung der quantenphysikalischen Erkenntnisse zu akzeptieren. Sie schienen ihm eher mysteriös als mystisch.

Die Frage ist bis heute noch nicht abschließend geklärt. Obwohl mittlerweile alles daraufhin deutet, dass as Universum und damit auch die Welt eben nicht determiniert sind, sprechen immer noch viele von spukhaften Phänomen. Die entscheidende Frage ist nicht mehr ob Quantenphysik wirklich derart spooky ist, oder ob vielleicht doch alles determiniert ist. Sie ist so spooky.

Da also der Zeiger der Wahrscheinlichkeit mittlerweile sehr eindeutig auf „spooky“ zeigt, sollten wir angesichts der enormen Unterschiede – determiniert oder nicht? – von nicht determiniert ausgehen. Denn die sich daraus ergebenden Konsequenzen sind gewaltig anders. Wäre das Universum – und letztlich auch wir Menschen, denn wir funktionieren nach identischen Gesetzmäßigkeiten (auch wenn das viele scheinbar nicht wahrhaben wollen) – determiniert, dann bräuchten wir uns keine Sorge machen, wohin wir unser Lebensschiff steuern, denn wir gäbe es klare Seekarten, an denen wir uns nur zu orientieren bräuchten.

Ist das Universum hingegen nicht determiniert und würden wir tatsächlich durch das, was wir denken und tun (und nicht nur wir, sondern alles), andere Dinge beeinflussen, Materie wie auch Menschen, dann wäre unsere Verantwortlichkeit für das, was wir Realität nennen, gewaltig – weil wir dann die Realität gestalten würden – ohne wenn und aber.

Nur sagt uns da keiner, was da zu tun ist. Wie sagt doch Krishnamurti? Die Wahrheit ist ein pfadloses Land? Das heißt, Wahrheit kann nicht organisiert werden! Was als Wahrheit erkannt werden kann, muss selbst erkannt werden. Das bedeutet eine enorme Verantwortlichkeit gegenüber sich selbst, aber auch gegenüber allem anderen. Andererseits birgt diese Erkenntnis auch eine riesige Fülle an Möglichkeiten!

In der Physik weiß man, dass sich die Welt dekohärent zeigt, sobald sie „gemessen“ wurde; was auch durch „reine“ Beobachtung geschieht, wenn ich also etwas anschaue. Bis dahin aber, so Josef M. Gassner, hüllt sie sich in Schweigen. Sie sagt zwar nichts, aber sie denkt – bildlich gesprochen – nicht wirklich nichts, sondern sie reflektiert die sich ihr bietenden Möglichkeiten. „Die Natur wird die Karten erst dann auf den Tisch legen, wenn sie keine andere Wahl mehr hat.“ so Gassner. Ein echter Pokerspieler, diese Natur.

Das, was also erst geschehen wird, ist eben spukhaft noch mysteriös, sondern einfach nicht vorhersagbar. Allenfalls in Wahrscheinlichkeiten ausdrückbar. Eben mystisch. Mystik ist nicht undefinierbar, sondern im Moment noch nicht definiert, noch nicht beschreibbar. Ein guter Grund, Mystik sehr wörtlich zu verstehen, bedeutet es doch schlicht ‚geheimnisvoll‘. Wir sind nur schwer in der Lage, das in unserer Alltagssprache verständlich auszudrücken.

Diese Art der Sprache ist uns noch nicht geläufig. Wir sind sie (noch) nicht gewöhnt. Aber es wird Zeit, uns damit auseinanderzusetzen, wollen wir nicht unsere Chancen vertun, indem wir die sich uns bietenden Möglichkeiten nicht wahrnehmen.

Sicher ist für mich, dass mit dem großen Erwachen, von dem ja viele Buddhisten zu träumen scheinen, sich das Leben nicht als ein Traum offenbaren wird, wie es Chuang Tzu wohl sieht. Nein, ich denke, das Leben ist sehr real, nur ganz anders, als viele es noch zu glauben scheinen.

Raum und Zeit

Einstein stieß auf das „Problem“ mit der Zeit, als ihm bewusst wurde, dass zu seiner Zeit Kirchturmuhren keine einheitliche Zeit anzeigten. Jedes Dorf hatte sozusagen seine eigene Zeit. Doch mit der Erfindung von Zügen entstand auch die Notwendigkeit zu wissen, wenn der Zug in Fürth ankommen würde, wenn er zu einer bestimmten Uhrzeit in Nürnberg abfährt.

Es war offensichtlich, das es keine einheitliche Zeit gibt, Zeit ist irgendwie etwas Menschengemachtes, ein Konstrukt. Damit fing seine Relativitätstheorie an. Zeit ist also definitiv nicht das, was die Uhr anzeigt, auch wenn Einstein das selbst einmal so gesagt haben soll. Zeit können wir nur beschreiben, indem wir etwas erleben und auch alles, was damit zu tun hat, also die Geschwindigkeit, müssen wir erleben.

Zeit ist der gefühlte Zeitraum, indem ich (oder jemand anderes) etwas erlebt. Ich glaube, dass das nicht zu erklären ist, nur zu erfahren – wenn man sich darauf einlässt. Kleine Kinder können das problemlos, so bis 5, 6 Jahren und auch Rentner, wie ich, die nichts mehr zu tun haben, außer zu leben. Genau das hat Einstein erkannt: „Zeitempfinden ist abhängig von den Beziehungen der Bewegungen zueinander.

Wie sagt doch Krishnamurti: „Im Jetzt ist alle Zeit enthalten. Das Jetzt zu verstehen, heißt frei von Zeit zu sein.“ Zeit ist wie der Raum, in dem ich mich bewege. Er kann mir riesig groß oder winzig klein erscheinen.

Oder es gibt diesen Zeitraum irgendwie gar nicht, weil er mir zeitlos erscheint. Das ereignet sich wohl nur dann, wenn ich nicht bewusst über etwas nachdenke. Dann empfinde ich Zeit ähnlich wie den Raum, in dem ich mich bewege. Etwa, wenn ich mit dem Motorrad unterwegs bin.

Nicht anders ergeht es mir mit „dem“ Raum, in dem ich mich befinde. Das ist nicht der, den ich auf einer Karte wahrnehmen kann und auch wenn ich weiß, dass ich mich 200 Kilometer weit bewegen will, ist das nur eine Vorstellung, aber kein tatsächliches Empfinden.

Zeit ist „nur“ erlebbar, nicht jedoch messbar. Wolf Singer hat die Frage danach, was die Zeit für ein Lebewesen ist, mittlerweile indirekt beantwortet. Ein Lebewesen kann nichts Konkretes über die Zeit aussagen (außer durch den Blick auf eine Uhr), denn dafür gibt es keine Gehirnregion, die Zeit messen würde.

Nur ich habe, wie jeder andere auch, eine Empfindung von Dauer, ein Zeitgefühl, jedoch kann ich nie sagen, wieviel Zeit vergangen ist, ich kann die Zeit eben nicht messen, nur empfinden.

Umdeutung von Begriffen

Warum erscheint den Mathematikern die Mathematik so schön und elegant, ja geradezu perfekt? Ganz einfach, sie rechnen eben nicht nur das kleine und das große Ein-Mal-Eins rauf und runter, sondern auch reine Mathematik.

Reine Mathematik ist das Studium mathematischer Konzepte, unabhängig von Anwendungen außerhalb der Mathematik. Aber von vorne. Begonnen hat es – ich mache jetzt einen Sprung mitten hinein – zum Ende des 18. Jahrhunderts, als die Welt noch mit den mechanischen Regeln der Physik erklärbar erschien, auch wenn schon einige Unstimmigkeiten festgestellt worden waren.

Es waren die Erkenntnisse über Elektrizität und Optik, die den Stein der Wissenschaft wieder ins Rollen brachte, nur eben in eine neue, bisher nicht bekannte Richtung. Die „Elektriker“ Michael Faraday, James Clerk Maxwell und Heinrich Hertz waren Vorreiter für eine andere Art des Denkens, dachten sie sich doch Gesetze für die „Wandlungen des elektromagnetischen Feldes“ aus.

Es war dieser Wandel zum Feldbegriff, der sich auch in dem Übergang von Newtons Gravitationsgesetz zu Einsteins Relativitätstheorie wiederfindet. Heute wissen wir, dass das nur der Anfang von viel weitreichenderen Erkenntnissen war. Die Erkenntnis war, dass es keine eindeutigen Aussagen über die Bewegung von Körpern geben kann, sondern es immer darauf ankommt, wer etwas beobachtet und wo es sich befindet.

Dass etwas relativ ist, bedeutet ja nicht, dass es beliebig wäre, sondern eben nur relativ. Beachtet man dabei nicht, über welches Phänomen man spricht, kommt man schnell durcheinander. Schallwellen und Lichtwellen breitet sich beide aus, doch Schallwellen brauchen dazu ein ganz anderes Medium, denn den Schall als solchen gibt es ja nicht, nur angestoßene Luftmoleküle.

Ganz anders beim Licht, das aus Photonen besteht und auch eine feste Ausbreitungsgeschwindigkeit hat. Lichtwellen verhalten sich anders, sie brauchen kein anderes Medium, um sich auszubreiten, auch wenn sie als Wellen auftreten oder erscheinen. Sie brauchen „nur“ ein anderes Feld.

Beides nennen wir „Wellen“, dabei sie sind etwas vollkommen Verschiedenes. Daher muss ich immer darauf achten, ob auch das Identische gemeint ist. Erschwert wird dies durch die Tatsache, das sich die Phänomene dieser Welt sprachlich scheinbar oder eben offensichtlich nur aus zwei Perspektiven betrachten lassen, der relativen und der absoluten, die aber beide ein und das selbe sind.

Der Streit war ja auch zwischen den Quantenphysikern entstanden. Manche meinten, man müsse eine neue Sprache „erfinden“, um Quantenphänomene korrekt kommunizieren zu können. Niels Bohr widersprach dem und meinte, das ginge auch mit unserer normalen Sprache. Das finde ich auch. Begriffe sind ja nichts anderes als gedankliche Platzhalter. Eben Felder!

Spreche ich von „etwas“, dann kann ich darüber sprechen, als wäre es eine klar definierte Sache – oder ich spreche darüber mit dem Verständnis, dass ich ja nur über eine Prozess innerhalb eines Feldes spreche. So kann ich über einen Regenbogen sprechen, mir dabei aber bewusst sein, dass es als solchen Regenbogen nicht gibt, nur eine Erscheinung.

Nicht anderes ist es bei mir selbst. Auch ich habe keine Selbstnatur, bin nur ein Prozess beziehungsweise ein Feld. In der Mathematik gelingt es so, mit Wahrscheinlichkeiten und nicht mit feststehenden Fakten zu rechnen. Warum nicht auch sonst?

Wie aber ist die Wirklichkeit?

Wenn die Wirklichkeit nicht eindeutig ist – wie ist sie dann? Das gilt es herauszufinden. Eine spannende Frage. Wahrscheinlich beginnt es damit, zu erkennen, dass sich die existenziellen Fragen, die mich in meinem Leben beschäftigt haben, irgendwie aufgelöst haben; aber nicht, weil ich sie beantworten konnte oder sie ganz einfach ignoriert oder zur Seite geschoben hätte. Nein, sie haben sich irgendwie wohl verflüchtigt.

Wie heißt es doch im Ch’an? „Im Ch’an finden wir keine Antworten. Wir verlieren die Fragen.“ Genauso habe ich es selbst erlebt. Wenn sich die Fragen auflösen und auch keine Antworten übrig bleiben, lebt es sich wirklich entspannt. Nur darf ich nicht den Fehler machen, die Erkenntnis nicht zu suchen. Obwohl, ich suche ja nicht wirklich Erkenntnis, sondern löse mich „nur“ von unzutreffenden Ansichten.

Sicher hat es auch damit zu tun, dass ich explizites Wissen verinnerlichen und zu implizitem Wissen machen konnte. Aber nicht nur das. Begonnen hat es damit, dass ich aufgegeben habe, die Wirklichkeit zu objektivieren, also in Objekte und Subjekte aufzutrennen. Das ist der grundlegende gedankliche Fehler, der meinen Wahrnehmungsproblemen zugrunde lag. Ich sah die Dinge nicht als Ganzes, sondern nur als von einander getrennt existierende  Dinge.

Egal, welcher Philosophie und welcher Überzeugung und welchem Weltbild ich folge, Grundlage sind immer meine Wahrnehmungen, also letztlich wie ich denke, dass die Wirklichkeit beschaffen wäre. Ich kann ja nur wahrnehmen, was ich gedacht habe. Nur denke ich ja normalerweise nicht im Konjunktiv, sondern ich sehe eben, was ich sehe – und Punkt. Was die Frage aufwirft, was mich da so beharrlich sein ließ.

Ich wollte ganz einfach eine reale Außenwelt haben, in der ich mich problemlos orientieren konnte und wo ich mich auskannte. Doch stattdessen weiß ich mittlerweile, dass ich in einer Welt von Wahrscheinlichkeiten lebe – und damit in einer faszinierenden Welt des Möglichen. Selbst wenn ich davon ausginge, dass es eine objektive Wirklichkeit gibt, nur eben nicht festgelegt, schwimme ich regelrecht in einem Meer des Möglichen. Eine objektive, feststellbare Wirklichkeit gibt es jedoch nur hinterher, daher ist die Wirklichkeit auch nicht planbar, aber auch nicht diffus. Dass es letztlich noch viel faszinierender ist, dazu später mehr.

Nur zu beschreiben!

Stellen Sie sich vor, es ereignet sich eine Revolution und kaum jemand registriert das. Und das, obwohl seine Welt um ihn herum zusammenbricht. Er merkt das zwar, aber er weiß nicht, weshalb es passiert. Er sucht immer weiter nach Ursachen, wo sie aber nicht zu finden sind. Er sucht nämlich nicht bei sich selbst.

Also früher, das weiß ich noch genau, habe ich andere Menschen immer zu verstehen versucht. Was aber gar nicht möglich war. Weshalb das so war? Weil ich Fakten gesucht habe, wo tatsächlich „nur“ Vermutungen waren. Wissen hätte ich das schon lange können, begriffen habe ich es erst dank zweier Physiker, Albert Einstein und Niels Bohr.

Wenn man die beiden auf Bildern sieht, sieht man sie meist in ein Gespräch vertieft, Einstein in einer betont relaxten Haltung (ich interpretiere jetzt einmal), vielleicht weil er ahnte, dass nicht er, sondern Niels Bohr mit seiner Sicht der Dinge richtig lag. Auslöser für ihren scheinbar wissenschaftlichen Streit war die philosophische Frage, welche Konsequenz sich aus dem sogenannten Doppel-Spalt-Experiment ergibt.

Denn es ging um etwas Fundamentales. Einstein kam bei dem Doppelspaltversuch auf die Idee, dass man doch einzelne Neutronen durch den Versuchsaufbau schicken könnte, denn dann würde man feststellen, dass ein geordnetes Bild am Bildschirm zu sehen wäre – und sicher kein Interferenzmuster.

Nur Einstein irrte sich. Es wurde wider Erwarten ein Interferenzmuster aufgezeichnet. Einstein war davon überzeugt, dass da ein Fehler drin stecken, etwas übersehen worden sein müsse. Also suchte er nach Gründen, weshalb das nicht sein könne. Mit dem Einstein-Podolsky-Rosen-Experiment suchte er das zu beweisen. Doch es kam eben anders. Das Experiment zeigte letztlich beispielhaft, dass die Quantenmechanik gegen die Annahme der Lokalität „verstößt“. Lokalität ist eine der Grundannahmen der klassischen Physik. Doch sie – also die Quantenmechanik – liegt nun einmal richtig.

Die Fehlerhaftigkeit der EPR-Überlegungen wurde in zwei Schritten nachgewiesen. John Stewart Bell sei Dank dafür. Er legte in den 1960er Jahren die theoretische Grundlage für eine empirische Überprüfung, die 1982 gelang. Und sie bestätigte, dass Einstein falsch lag. Seine Grundannahme war ja, dass die Quantenmechanik für sich allein genommen dem „gesunden Menschenverstand“ widerspreche.

Und genau das tut sie, deswegen ist es (erst einmal) eine Herausforderung, die Quantenmechanik und ihre Regeln sowie die damit einhergehenden Konsequenzen zu akzeptieren. Doch was genau wurde erkannt? Das nämlich war etwas sehr Grundsätzliches: Albert Einstein war der festen Überzeugung, dass es die Aufgabe der Physik sei, die Realität erklären zu können. Niels Bohr hingegen war der Ansicht, dass sie die nicht erklären, sondern nur beschreiben könne. „Was soll’s?“ könnte man daraufhin sagen.

Doch so einfach ist es nicht, denn diese Erkenntnis attackierte auf elementare Weise nicht nur Einsteins Welt- und sein Gottesbild, sondern auch das innere Bild vieler Menschen von der Welt. Es macht einen fundamentalen Unterschied, ob ich ein Phänomen erklären oder „nur“ beschreiben kann. Denn dann kann ich mir nie sicher sein, was passieren wird, sondern kann nur in Wahrscheinlichkeiten denken und sprechen.

Einstein glaubte bis zu seinem Tod 1955, dass das Universum nach dem Prinzip von Ursache und Wirkung funktioniert. Dass Gott also nicht würfele. Bohrs Erwiderung, ‚Aber es kann doch nicht unsere Aufgabe sein, Gott vorzuschreiben, wie Er die Welt regieren soll.“ wurde jedoch von Einstein nicht erhört – und wird noch immer vielfach ignoriert.

Dass viele Menschen Einstein mit seinem Satz „Gott würfelt nicht!“ zitieren, aber kaum einer den weiterführenden Satz von Niels Bohr kennt, das ist symptomatisch – und erschreckend. Natürlich ist das Universum nach vernünftigen Regeln aufgebaut – nur wir Menschen haben offensichtlich noch Schwierigkeiten, diese „Logik“ zu verstehen – oder vielleicht auch nur zu akzeptieren – und vor allem, damit beziehungsweise danach zu leben.

Dass die Welt und das Universum nicht nach dem Prinzip von Ursache und Wirkung „funktionieren“, sollten wir mittlerweile wissen. Die Wirklichkeit ist nachgewiesener Maßen eine andere. Doch noch immer denken viel zu viele Menschen, alles, vor allem auch Menschen, müsste „funktionieren“.

Dabei ist es bei genauem Hinschauen offensichtlich, dass dem nicht der Fall ist. Vielleicht ist genau das der Punkt, an dem wir Menschen gerade stehen, dass wir endlich akzeptieren müssten, dass Ursache und Wirkung nicht der Motor des Universums sind. Doch das ist nur der erste Denkschritt, der zweite, noch ungelöste, ist die philosophische Frage: „Was ist es dann?“ Dass das Universum nicht einfach so vor sich hindümpelt, ist ja bei einem Blick in die Natur offensichtlich.

Von „42“ weiter zu „137“

Früher fand ich die Welt ziemlich mysteriös oder auch magisch bis schlicht unverständlich, was ich immer mit 42 auszudrücken suchte, die Antwort auf die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest aus dem Buch Per Anhalter durch die Galaxis von Douglas Adams.

Das wiederum brachte mich letztlich zu 137, einer Zahl, die keine Zahl ist, sondern ein Wert, der schon manche Quantenphysiker zur Verzweiflung gebracht hat. Wolfgang Pauli und C.G. Jung haben in ihrem Buch 137 versucht, diesem Wert – es ist ja nicht einfach nur eine Zahl – auf den Grund zu gehen – eine mystische Reise in das Grenzgebiet zwischen Physik und Psychologie.

Ich verstehe das so: Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die wir nicht erklären können, sondern nur erleben und beschreiben. So wie 137 eine exakte Beschreibung ist, die zwar erlebbar ist (wenn auch nicht bewusst) – aber keine Erklärung. Das ist eines der Dinge, beileibe aber nicht das Einzige, woran man sehen kann, dass ohne Verständnis (wobei alleine das schon ein herrliches Paradox ist), dass das Tor zur Matrix sperrangelweit offen steht – und wir nicht einmal hindurchgehen müssen (genau wie bei dem torlosen Tor des Zen!), weil wir ja schon längst hindurchgegangen sind – denn wir existieren ja.

Ich finde es wichtig, die Differenzierung zwischen lebendig und nicht lebendig aufzugeben, denn Quantenphysik (und nicht zu vergessen die Relativitätstheorie) betrifft alles Existierende gleichermaßen. So kann ich die (scheinbar) nicht lebendige Luft nicht von mir trennen, nur differenzieren, die sicher als Aspekt des Lebendigen zu bezeichnen ist. Denn ohne Luft wäre ich schnell ziemlich unlebendig, daher gehört sie fraglos zu meinem Lebendigsein.

Und ohne festen Boden unter den Füßen und eine Erdkugel, auf der ich durch das All fliegen kann, gäbe es mich auch nicht. Also eine willkürliche Fragmentierung, die es wohl nur gibt, damit wir Menschen uns einbilden können, etwas Besonderes und Erhabenes zu sein. Das sind wir sicher, also besonders, nur erhaben sind wir deswegen keineswegs.

In der Metapher 137 steckt aber noch mehr. In der Physik ist 137 nicht nur eine Zahl, sondern auch etwas –  was auch immer. Ist das ein freundlicher Hinweis der Natur darauf, dass wir Menschen endlich aufhören sollten, alles in Begriffe packen zu wollen und uns statt dessen endlich einmal auf die Mystik einlassen sollten, dabei aber auch unser konkretes Wissen nicht ignorieren dürfen?

In der Liste rechts finden Sie weitere Gedanken dazu …

Das wahre Wesen

Ein Netz von Beziehungen. Das Universum, die Welt und auch wir Menschen können weder definiert werden, noch sind sie determiniert oder vorhersagbar. In dem Universum gibt es tatsächlich keine Definitionen, nur Gesetzmäßigkeiten, sozusagen die Spielregeln.

Was dann passiert, das lässt sich nicht vorhersagen, nur beschreiben. Doch dem sind wir nicht ausgeliefert, denn es ist unser Privileg, dieses Spiel bewusst spielen zu können. Das ist unsere Chance, eine faszinierende Möglichkeit, die sich jedoch desaströs auswirkt, wenn wir sie nicht erkennen und nicht wahrnehmen.

Das ist dann so, als spielte ich „Taubenschach“. Egal, wie gut man selbst Schach spielt, die Taube wird alle Figuren umwerfen, auf das Brett kacken und herumstolzieren, als hätte sie gewonnen. Erklären lässt sich das aber besser, wenn der andere Taubenschach spielt, selbst merkt man es ja meist nicht.

Die Spielregeln zu kennen und zu akzeptieren, also die Gesetzmäßigkeiten, und sich dann an den Spieltisch zu setzen, macht deutlich, dass die Beziehung zu unseren Mitspielern die Qualität des Spiels ganz wesentlich ausmacht. Interessanterweise liegt darin vor allem Selbsterkenntnis. Huang-po beschreibt dies in „Der Geist des Ch’an“ exzellent:

Unser ursprüngliches Buddha-Wesen ist, vom Standpunkt der höchsten Wahrheit, ohne das geringste Teilchen von Gegenständlichkeit. Es ist leer, allgegenwärtig, still und rein. Es ist herrliche und geheimnisvoll friedvolle Freude – nichts anderes.

Dringe tief in es ein, indem du selbst dazu erwachst. Das, was du in jedem Augenblick vor dir hast, ist dieses Buddha-Wesen in all seiner Vollkommenheit – es gibt nichts außer ihm.

Auch wenn du alle Stufen der Bodhisattva-Entwicklung, eine nach der anderen, zur Buddhaschaft hin durchschreitest – wenn du endlich in einem einzigen Augenblick die vollkommene Verwirklichung erreichst, wirst du nur das Buddha-Wesen erfahren, das alle Zeit bei dir war.“

Unser wahres Wesen kann nicht erlangt werden, weil wir es ja schon immer besitzen, aber es kann verhindert werden und desaströse Züge annehmen, wenn wir nicht erkennen, dass wir selbst es sind, die das Spiel spielen. Doch wir müssen das Spiel auch aktiv spielen! Das aber geht nur, wenn wir uns auch die Gesetzmäßigkeiten halten.

Das Besondere bei diesem Spiel ist, dass wir uns scheinbar nur deswegen von einander differenzieren, um überhaupt miteinander spielen zu können. Kinder zeigen uns, dass man ja auch gegen sich selbst spielen kann und dabei seinen Spaß haben kann.

Das bedeutet auch, dass die einzige „spielgerechte“ Kommunikationsform der Dialog ist. Werner Heisenberg beschreibt dies sehr gut:

Wahrscheinlich darf man ganz allgemein sagen, dass sich in der Geschichte des menschlichen Denkens oft die fruchtbarsten Entwicklungen dort ergeben haben, wo zwei verschiedene Arten des Denkens sich getroffen haben.

Diese verschiedenen Arten des Denkens mögen ihre Wurzeln in verschiedenen Gebieten der menschlichen Kultur haben oder in verschiedenen Zeiten, in verschiedenen kulturellen Umgebungen oder verschiedenen religiösen Traditionen.

Wenn sie sich nur wirklich treffen, d.h. wenn sie wenigstens so weit zueinander in Beziehung treten, dass eine echte Wechselwirkung stattfindet, dann kann man darauf hoffen, dass neue und interessante Entwicklungen folgen.“

In diesem Sinn: Die Spiele sind eröffnet! Spielen wir!

Verschränkung

Was sagt mir die Tatsache, dass es Verschränkung gibt? Ganz einfach: Alles ist Eins, zwar in sich differenziert, aber Eins.

Doch wie können wir damit umgehen – und das nicht etwa „nur“ zu nutzen!? Wahrscheinlich beginnt es damit zu erkennen, dass wir mit „Dingen“ (was immer das auch ist) nur umgehen, sie aber definitiv nicht nutzen können.

Und genau darin steckt das „Problem“ – nämlich wie wir üblicherweise mit „Dingen“ umgehen. Genau genommen fängt es schon bei den „Dingen“ an. Ich spreche ja auch nicht – oder sollte das zumindest nicht tun – über meinen Blutdruck, als sei der ein von mir isoliert zu betrachtendes „Ding“.

Daher sollte ich auch nicht von „meinem“, sondern nur von „dem“ Blutdruck sprechen, sonst wird nur eine gedankliche Trennung aktiviert. Wie ich spreche, beeinflusst ja ganz maßgeblich, wie ich dann weiter denke.

Tatsächlich habe ich bisher die Einheit meiner Existenz gedanklich aufgedröselt in Knochen, Sehnen, Muskeln, Organe und Funktionen, die ich, wenn eines nicht so richtig funktioniert, mit Pillen wieder auf Vordermann zu bringen suchte. Dabei sind diese Medikamente, wenn ich es genau betrachte, nichts anderes als Krücken für meinen Geist.

Wenn beispielsweise mein Blutdruck nicht „rund“ läuft, dann läuft in Wirklichkeit mein Geist nicht „rund“, was ich wesentlich präziser an meinen Gedanken erkennen könnte als an dem Blutdruckmessgerät. Das Blutdruckmessgerät zeigt mir nur Symptome an, nicht aber die Ursache, die kann ich nur in meinem Denken erkennen.

Niels Bohr hat das als einer der Ersten erkannt, worüber er in einer intensiven Auseinandersetzung mit Albert Einstein war, was er so ausdrückte: „Alles, was wir wirklich nennen, ist aus Dingen gemacht, die nicht als wirklich betrachtet werden können. Wenn die Quantenphysik dich nicht zutiefst schockiert hat, dann hast du sie noch nicht verstanden.“

Es ist dabei gut zu erkennen, dass sein Verständnis von „Wirklichkeit“ noch das allgemein gebräuchliche war – das wir jedoch so langsam wirklich aufgeben sollten. Denn was normalerweise als unwirklich empfunden wird, ist genauso wirklich wie die „reale“ Welt. Die geistige Welt ist so wirklich wie die materielle, denn beide sind absolut real, wenn wir sie auch sehr unterschiedlich erleben.

Unsere langfristige Denksportaufgabe ist daher, diese beiden Bereiche, das Geistige und das Materielle, miteinander ineinander zu verschränken.

Wie seltsam ist die Welt?

Sicher ist: Wären die Welt und das Universum nicht so, wie sie sind, gäbe es uns nicht. Soweit absolut kein Problem. Denken und handeln wir jedoch nicht im Einklang mit den kosmischen Gesetzmäßigkeiten, haben wir definitiv ein Problem, nur wir wissen oder merken es vielleicht – oder sogar wahrscheinlich – überhaupt nicht.

Besteht zwischen Personen, Gruppen oder ganzen Nationen ein Konflikt, dann finden wir Menschen schnell Antworten, weshalb das so ist. Dabei ist eines sicher: Das Problem wird in der Regel nur bei dem anderen gesehen, wohl kaum bei sich selbst. Die Folge ist, dass über die Symptome geredet wird, aber in den seltensten Fällen über die eigentlichen Ursachen.

Marshall McLuhan hat das für den Bereich der Medien erkannt. Einfach ausgedrückt: Die Form definiert den Inhalt. Eine Erkenntnis, die es im Ch’an schon lange gibt. Ich frage mich immer, wie die Ch’an-Menschen allein durch gedankliche Überlegung da drauf kamen. Etwa die Erkenntnis von Hui Neng, die ihm die Ehre einbrachte, zum sechsten Dharma-Vorfahre ernannt zu werden. Was also brachte Hui Neng dazu, den folgenden Vers zu denken, einen in unserem Verständnis ungebildeten Menschen?

Im Grund gibt es keinen Bodhi-Baum
Da ist kein klarer Spiegel auf einem Gestell
Im Ursprung ist da kein Ding
Worauf soll sich Staub legen

Er dachte wohl ganz einfach an die Leere. Nichts anderes hat die Quantenphysik letztlich auch herausgefunden und auch nachweisen können. Materie gibt es nicht, sie „erscheint“ nur und verschwindet wieder. Hauptsächlicher Bestandteil ist – wenn sie erschienen ist – Bindungsenergie (so etwa 98%). Und es ist ausgemacht, dass alles Existierende „nur“ ein Geist-Phänomen ist.

Eine Vorstellung, die für viele Menschen ganz offensichtlich sehr schwer zu akzeptieren ist. Also sind weder die Welt noch das Universum seltsam, viele verstehen es nur nicht – und finden es deshalb seltsam. Oder sie verstehen es zwar, nur sie akzeptieren es noch nicht. Wahrscheinlich, weil sich Gedanken nur so schwer festhalten lassen.

Sie sind auch wirklich schwer in den Griff zu bekommen. Möglicherweise ist das der Grund für das Unbehagen vieler Menschen: Es ist letztlich unmöglich, etwas anderes als sich selbst zu managen. Und auch das geht nicht wirklich. Also sollten wir damit aufhören, uns oder etwas anderes managen zu wollen und stattdessen Einsicht zu finden suchen.

Wobei Relativität der falsche Begriff ist, richtiger wäre es wohl sagen und denken zu können, dass wir wissen sollten, was in unserem Geist gerade passiert – und was das bedeutet. Ich kann zwar denken, dass ich Motorradfahren möchte, doch weiß ich dann auch, weshalb ich das will? Und genau diese Frage führt in die Irre. Ich will Motorrad fahren, weil ich Motorrad fahren will.

Hui Neng hat ganz offensichtlich verstanden, dass das, was wir denken, unsere Wirklichkeit ist. Nichts sonst. Selbst wenn ich etwas vollkommen Irreales denke, ist das meine Wirklichkeit. Nicht nur im Ch’an geht es immer um das Bewusstsein für die Leere. In der Welt ist alles leer von Selbstnatur.

Relativität II

Die nächste Frage ist: Was hat Gravitation mit Beschleunigung zu tun? Einstein erkannte, das schwere und träge Masse identisch sind, was witzigerweise die Zeit mit ins Spiel bringt. Gravitation und Beschleunigung sind ja das Selbe und Beschleunigung hat nun einmal einen Zeitfaktor.

Das bedeutet, dass ein einem Gravitationsfeld etwa an der Oberfläche eines Neutronensterns die Zeit langsamer läuft. Für einen Außenstehenden geschieht auf dem Stern alles in Zeitlupe, der Bewohner des Sterns würde „sein“ äußeres Universum in großer Hektik erleben. Nun gibt es solche Sterne, die ein derart starkes Gravitationsfeld haben, dass sie das Licht daran hindern, zu „entkommen“ – mit der Folge, dass nur noch ein schwarzes Loch wahrnehmbar ist, was jedoch nicht bedeutet, dass da nichts wäre.

Nur was bedeutet es für mich, philosophisch betrachtet? Ich denke die Bedeutung liegt nicht nur darin, dass ich mich vor schwarzen Löchern hüten sollte. Das Schwerefeld krümmt also den Raum, verlangsamt die Zeit und verkürzt die Maßstäbe. Wäre das Universum nicht so, würde ich nicht existieren, also muss es eine Bedeutung für mich haben.

Ich denke, das lässt folgende Schlüsse zu: Das Universum ist mehr, als wir sehen und wahrzunehmen in der Lage sind. Das für viele Menschen schwierig zu Verstehende ist, dass wir mehr erleben, als wir zu begreifen in der Lage sind. Die Welt des Geistigen ist von der Welt des Wahrnehmbaren nicht zu trennen, sie sind Eins.

Was mich wiederum zu dem Schluss bringt, dass unser „wahres“ Wesen nicht erlangt werden kann, es kann nur verhindert im Sinne von verdeckt werden – eben durch unzutreffendes Denken. Was schwer zu glauben ist, bedenkt man, wie wir Menschen uns manchmal das Leben schwer machen. Das wird wohl so sein, solange wir nicht in der Lage sind, dialogisch miteinander zu kommunizieren.

Die wirkliche Herausforderung ist, dass wir das nicht mit unserem Verstand „managen“ können, sondern nur durch Dialog und Intuition und auch nur, wenn wir uns alle miteinander als Eins – und nicht nur als Pseudo-Gemeinschaft begreifen und verstehen.

So, wie Einsteins Relativitätstheorien die Welt der Physik auf den Kopf gestellt hat, so stellt die philosophischen Konsequenzen daraus unsere Alltagswelt auch auf den Kopf. Wir dürfen nur nicht den Fehler machen, den scheinbar viele Physiker begehen und das allein auf technische Fragen zu beziehen. Die Welt und wir selbst „funktionieren“ ganz anders, als wir gerne glauben würden.

Es setzt als Erstes eine vollkommen andere Kommunikationskultur voraus. Tschüß Talkshows, herzlichen willkommen Dialogrunden – aber wirkliche Dialoge, keine Dispute, Diskussionen oder Debatten.

Wer das versteht, der versteht auch, weshalb ich Filme wie Matrix so faszinierend finde. Tatsächlich spiegeln sie die Welt wieder. Die ist weder rein materiell noch rein geistig. Sie ist auch nicht einmal so und einmal so, sie ist beides.

Relativität I

Was Relativität bedeutet, das ist eine Frage der Perspektive. Einsteins Relativitätstheorie bedeutet keineswegs, dass es meine Frau manchmal kalt findet, ich hingegen keinen Grund sehe, den Ofen anzuschüren. „Wärme“ ist kein relativer Begriff, nur weil wir Wärme unterschiedlich empfinden, also als relativ. Aber das wollte Einstein sicher nicht mit seiner Relativitätstheorie ausdrücken, sondern, dass wir Dinge nicht nur unterschiedlich wahrnehmen, sondern auch unterschiedlich erleben können. Nur dass uns das in der Regel nicht auffällt.

Die Relativitätstheorie befasst sich mit der Struktur von Raum und Zeit sowie mit dem Wesen der Gravitation. Und da wäre noch die Sache mit meiner Masse, nicht meinem Gewicht. Das habe ich schon in der Schule gelernt, da brachte uns unser Physiklehrer bei, dass wir bei einem nicht mehr zu verhindernden Auffahrunfall nicht bremsen, sondern Gas geben sollten, um unsere Chancen zu verbessern.

Denn die Masse steigt, wenn ich beschleunige, zwar für mich nicht merklich, aber der andere bekommt es ordentlich zu spüren. Nur die Auseinandersetzungen mit der Polizei werden dann komplizierter. Ich denke, die Beamten lassen sich wahrscheinlich nur schwer davon überzeugen, dass es besser war, vor dem Crash ordentlich Gas zu geben.

Könnte ich mich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, hätte ich am Ende eine Länge von null und die Zeit würde stillstehen. Nur wo wäre ich dann? Es ist eine echte Herausforderung, Zeit und Raum als Einheit zu denken. Also mich bringt das definitiv an die Grenzen meines Verstandes. Und das ist auch gut so. Denn eines sagt mir die Relativitätstheorie: Das ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange.

Nur vielleicht ganz anders, als Einstein eventuell gedacht hat. Die Quantenmechanik sagt ja ganz klar, dass das Universum nicht determiniert ist, also nicht im Voraus festgelegt ist. Doch das bedeutet nicht, dass es beliebig und willkürlich wäre. Aber von vorne. Denke ich die Relativitätstheorie philosophisch zu Ende, komme ich nicht an einen Punkt, an dem sich schlagartig alles ändert, sondern es verändert sich ganz, ganz langsam, so langsam, dass das erst einmal nur theoretisch zu erfassen ist.

Wie sagte doch Einstein? Erst die Theorie entscheidet darüber, was man beobachten kann. Der Gedanke ist übrigens so etwas wie das torlose Tor des Ch’an. Er bezieht sich nämlich, jedenfalls für mich, nicht nur darauf, dass erst gedacht werden muss, was beobachtet werden kann, sondern es bedeutet, dass alles Existierende erst gedacht werden muss, damit es existiert!

Ich war kürzlich wieder einmal in einer Familienaufstellung. Zeit und Raum scheinen da nicht nur nicht zu gelten, sie gelten wirklich nicht. Das ist auch tatsächlich so, denn in der Familienaufstellung bewegen sich die Teilnehmer nicht in Raum und Zeit, sondern in etwas rein Geistigem und dabei doch sehr Realem, einem (nur) im Geist existierenden Raum-Zeit-Kontinuum.

Das Geistige und damit das Gedachte ist also so real wie der Tisch an dem ich sitze und die Zeit, die ich brauche, um diesen Satz zu schreiben. Und auch mein Organismus existiert gleichermaßen in einer wahrnehmbaren wie auch in einer geistigen Welt. Beide Welten sind die zwei Seiten der einen Münze, die wir Leben nennen.

Das bedeutet, dass der obige Satz „sondern es verändert sich ganz, ganz langsam“ unvollständig ist, es fehlt das „scheinbar“. Denn tatsächlich ändert sich nichts, sondern Vorder- und Hintergrund wechseln nur ihre Position in meinem Erleben. Realität ist also nicht nur das, was ich sensorisch wahrnehmen kann, sondern eben auch das, was ich geistig und gedanklich erfasse. Alles zusammen macht die Realität aus.

Natürlich erst einmal (scheinbar!) nur meine, denn in Wirklichkeit gibt es im Geistigen keinen Subjektivismus, das wäre nur ein Denkfehler. Dazu brauche ich mich nicht in mystisches Denken „zu versenken“, es ist auch möglich, durch konsequent logisches und rationales Denken dorthin zu gelangen, wie es beispielsweise Nagarjuna getan hat.

Ade gesunder Menschenverstand!

Und tschüß lieb gewonnener Determinismus! ‚Seltsam‘ sagen die Physiker am liebsten, wenn sie das scheinbar Absurde an der Quantentheorie beschreiben wollen. Skifahrer etwa, die mit einem Bein rechts und mit dem anderen links an einem Baum vorbeifahren, oder Katzen, die gleichzeitig tot oder lebendig sind, solange nur keiner hinschaut – all das ist in der seltsamen Welt der Quanten scheinbar möglich.

Kein Wunder, dass sich viele weigern, sich mit diesen Theorien zu beschäftigen, da wird dann doch lieber auf etwas (vermeintlich) Greif- und Erlebbares zurückgegriffen Einstein konnte seine Abneigung gegen diese Sicht auf die Welt nie überwinden. „Der Alte würfelt nicht“, grummelte er und trieb die Absurdität auf die Spitze, indem er die Physik mit gedanklichen Paradoxa konfrontierte, die wahr wären, würde die Quantentheorie stimmen.

Doch heute ist klar: Die Welt ist genau so paradox, wie sie den Quantenmechanikern erscheint. Nicht die Quantentheorie bedarf der Korrektur, sondern unser Verständnis von Wirklichkeit, nicht nur der Logik. Dass Photonen bis hin zu Fullerenen sich nachweislich nicht an die Regeln des Determinismus halten, ist mittlerweile allgemein bekannt. Nur was bedeutet das für mich, außer natürlich, dass ich viel Technik nutzen kann, die darauf aufbaut?

Die sich aus dem Doppelspaltexperiment ergebende Erkenntnis ist eigentlich einfach und klar: Indem ich etwas messe, wobei auch das einfache Hinschauen schon ein Messvorgang ist, sucht das Gemessene der Frage eine passende Antwort geben zu wollen. Feuert man ein Elektron auf zwei nah zusammenliegende Schlitze, dann schlüpft es scheinbar durch beide gleichzeitig. Aber eben nur scheinbar.

Zeit, sich Gedanken über die Natur der Realität zu machen. Mathematisch gesehen ist das, was durch beide Spalte geht, weder ein physikalisches Teilchen noch eine Welle im klassischen Verständnis, sondern eine so genannte Wellenfunktion – eine abstrakte mathematische Beschreibung für den Zustand des Photons, in dem Fall seine Position. Nach der Interpretation von Werner Heisenberg sind Dinge erst dann real, wenn sie beobachtet werden.

Er hielt es für nicht mehr möglich, zur Vorstellung einer objektiven realen Welt zurückzukehren, deren kleinste Teile in der gleichen Weise objektiv existieren wie Steine oder Bäume, gleichgültig, ob wir sie beobachten oder nicht. John Wheeler kam zu dem selben Ergebnis. Letzen Endes sei „ein elementares Quantenphänomen so lange nicht wirklich, solange es nicht registriert ist.“ Alles klar?

Das betrifft jedoch nur scheinbar alleine die Dinge um uns herum. Da wir selbst wie alles andere auch aus Atomen bestehen und die den physikalischen Gesetzmäßigkeiten folgen, tun wir das auch, natürlich nur noch komplexer. Nur: Was bedeutet das für mich? Die aktuellen Experimente zeigen, dass wir noch nicht so weit sind, eindeutige Aussagen über die Realität zu treffen, auch wenn einige Ideen mathematisch oder philosophisch gut motiviert sind.

Nur das bedeutet definitiv nicht, dass ich das ignorieren dürfte, bis sich die Damen und Herren Wissenschaftler geeinigt haben. Zumindest soweit Einigkeit in der (philosophischen) Interpretation der Fakten besteht, muss ich davon ausgehen, auch wenn diese noch auf wackeligen Füßen steht. Will ich jedoch nicht im Mystizismus landen, darf ich ungesicherte Dinge nicht annehmen, etwa ganz selbstverständlich davon auszugehen, etwa dass ich wüsste, was Bewusstsein ist.

Hilfreich ist da die Methode des Ch’an, wenn es darum geht, alles genauestens zu verifizieren. Etwa festzustellen, dass meine Frau und ich manchmal etwas Identisches denken. Dann kann ich verifizieren, wann das sicher nicht (!!) passiert, nämlich, wenn wir uns streiten. Hingegen passiert es öfters, wenn wir dialogisch miteinander kommunizieren. Also Dialog und kein Diskurs oder Disput und auch keine Diskussion mehr.

Und wenn wir es dann noch schaffen, in einen Flow zu kommen und dort zu verweilen, dann steht all diesen Phänomenen nichts mehr im Wege. Denn es passiert, ob ich es will oder nicht – es sei denn, ich verhindere es. Etwa, indem ich versuche bewusst zu handeln. Oder ich entweder nur der Intuition oder nur der Logik folge – beides funktioniert nicht.

Daher überlege ich mir beispielsweise ganz genau, wie ich mit dem Motorrad eine Spitzkehre ideal anfahre (Logik) um es dann einzuüben, damit ich es anwenden kann (Intuition). Klappt nur, wenn ich keinen der ersten beiden Schritte auslassen darf. Nur auf die Intuition ist verlass, was nicht bedeutet, dass sie korrekt sein muss. Das wäre ein gewaltiger Trugschluss. Und weil das tatsächlich klappt, suche ich das auch sonst zu praktizieren. Und ich gehe immer davon aus, dass, egal was ich mache, ich den anderen ‚irgendwie‘ beeinflusse – wie auch immer. Ich weiß zwar nicht wie, aber ich tue es.

Dementsprechend richte ich mein Leben aus. Der Satz Des Menschen Wille ist sein Himmelreich bekommt so eine ganz andere, neue Bedeutung. Nach christlicher Vorstellung bedeutet der Himmel das Endziel der Hoffnung und ist ein Inbegriff vollendeten Glücks. Nehme ich hingegen die Erkenntnisse aus dem Doppelspaltexperiment ernst, hat das, was ich will, eine enorme Bedeutung – und vor allem auch das, was ich zu tun unterlasse, weil ich (noch) nicht zu dem stehe, was richtig wäre zu tun.

Für mich ist das eine Quintessenz aus dem Doppelspaltexperiment: Vollkommene Klarheit, eindeutige Kommunikation und absolut kein Geschwurbel. Dabei muss ich und sollte ich mir nicht nur darüber im Klaren sein, dass ich immer auch für alles Existierende mit handle, denn die Welt und ich sind zwar differenziert, aber eins.

Eines darf dabei nicht übersehen werden: Alles, was heute schon technisch machbar ist, wurde nur erkannt, weil es vorher als Theorie gedacht wurde. Sonst wären die Versuche nicht unternommen worden, mit denen dann der Beweis für die Richtigkeit dieser Theorien geführt wurde, auch wenn „eigentlich“ eine andere Antwort erwartet wurde. Ohne Theorie keine wissenschaftliche Erkenntnis. Und ohne die Theorie im Kopf, dass ich mein Hungergefühl beseitigen kann, wenn ich ein Brot esse, würde ich verhungern.

Die Sache mit der Logik

In Gesprächen beschränke ich mich sinnvollerweise auf solche Aussagen, denen ich eindeutig den Wahrheitswert wahr oder falsch zuordnen kann. Aus dieser Beschränkung ergeben sich die drei klassischen Gesetze, die meist auf Plato zurückgeführt werden:

Satz von der Identität: Jede Aussage impliziert sich selbst.
Satz vom Widerspruch: Keine Aussage kann gleichzeitig wahr und falsch sein.
Satz vom ausgeschlossenen Dritten: Jede Aussage ist entweder wahr oder falsch.

Diese drei Gesetze gelten in der klassischen Logik. Aber gelten sie auch in der Quantenlogik? Der Unterschied besteht darin, dass in der klassischen Sichtweise der Beobachter als Außenstehender Aussagen über die Welt macht, die sich dabei nicht ändert, während in der Quantenlogik jede Aussage über die Welt und jedes Beobachten, selbst dann, wenn ich „nur“ schaue, als Messung aufzufassen ist, denn ich trete in Beziehung zu dem Wahrgenommenen – und das hat Einfluss auf den Zustand der Welt.

Diese Zustandsänderungen (was auch eine Bestätigung sein kann) sind im Verhältnis zur Größe den untersuchten Objekten in vielen Fällen so geringfügig, dass die klassische Sichtweise eine vernünftige Approximation ist. Aber ganz sicher nicht, wenn über menschliches Verhalten gesprochen wird. Da spielt der Beobachter immer eine ganz wesentliche Rolle.

Unterhalte ich mich mit meiner Frau über ihr Verhalten in einer bestimmten Situation, dann gestaltet auch meine Ansicht darüber die Realität an sich, also auch ihre. Wobei es unzutreffend ist, zwischen ihrer und meiner Realität zu unterscheiden, denn es ist ein und die selbe Realität, die wir nur unterschiedlich wahrnehmen.

Dazu ein Gedanke von mir: Darin liegt die Herausforderung, zu sehen, dass wir ein und dieselbe Realität verschieden wahrnehmen; wir können die Realität überhaupt nicht vollständig wahrnehmen, solange wir nur die eigene Sicht der Dinge kennen. Kennen wir die andere, sind wir schon weiter, jedoch noch nicht am Ziel, denn jetzt gilt es einen Konsens zu finden, der die für alle eine stimmige Sichtweise beinhaltet und nicht etwa die „richtige“ Lösung.

Bereits das Wahrnehmen eines „Fehlers“ löst diesen auf. Das geht am einfachsten, indem ich mich gerade nicht mit der klassischen Logik der Frage zuwende, was den anderen umtreibt, sondern mit einer Logik, die vor allem auch Wahrscheinlichkeiten und Möglichkeiten wie Unklarheiten oder nicht eindeutig zu Definierendes wirklich zulässt. Das Ganze hat nur einen Nachteil: Entweder beide nutzen Quantenlogik oder es funktioniert nicht. Ist leider so. Daher sollte vielleicht zu Beginn die Überlegung vielleicht stehen Was wäre wenn … ?

Absolutes und Relatives

Dass es weder die absolute Zeit und auch keinen absoluten Raum gibt, ist eine der wichtigen physikalischen Erkenntnisse.Wenn zwei Ereignisse, die sich in einem System gleichzeitig ereignen, für ein anderes System jedoch zu verschiedenen Zeiten stattfinden, bedeutet das nicht, dass alles beliebig wäre, sondern eben „nur“, dass es relativ ist, weil es keine absolute Zeit und keinen absoluten Raum gibt, nur die und den wir erleben.

Gebe ich das Empfinden von Raum und Zeit auf, ohne dabei konfus zu werden, sondern weiter ganz sauber Motorrad zu fahren, zu klettern oder logisch zu argumentieren, dann nimmt das ein anderer vielleicht in Raum und Zeit wahr, doch ich erlebe es ohne konkrete Zeit und ohne konkreten Raum, eben in einem Feld von Beziehungen, Zusammenhängen und Potentialität, aber ohne fixen Vorgaben.

Und das öffnet mir das mystische Tor, das die ganze Zeit sperrangelweit offen steht, ich brauche es nur wahrzunehmen. Schaue ich zur einen Seite durch das Tor, sehe ich etwas Relatives, schaue ich hingegen zur anderen Seite hinaus, sehe ich etwas Absolutes. Nur eine Frage der jeweiligen Perspektive.

Wenn ich mich beispielsweise über etwas freue oder ärgere, dann ist meine Empfindung absolut und nicht zu diskutieren. Die Annahmen jedoch, die diesen Gefühlen von Ärger oder Freude zugrunde liegen, können durch meine individuelle Wahrnehmung verstellt sein, also unzutreffend wahrgenommen sein. Meine Annahmen sind relativ, die Fakten, auf denen wiederum meine Annahmen beruhen, sind absolut.

Mit anderen Worten: Das mystische Tor ist eine Drehtür mit „absolut“ als den einen und „relativ“ als den anderen Ein- beziehungsweise Ausgang. Idealerweise bleibe ich gleichwohl immer in der Drehtür der Wirklichkeit stehen und schaue zu beiden Seiten hinaus. Denn diese Sichtweisen widersprechen sich nicht, nur scheinbar.

Deshalb ist dieses Tor, das wir ja auch aus dem Ch’an kennen, torlos. Vielleicht hat das ja Seng Tsan mit diesem Satz gemeint: „Wenn alles mit Gleichmut betrachtet wird, kehren wir zu unserer Selbst-Natur zurück.

Form versus Inhalt

Inhalte werden ganz wesentlich durch die jeweilige Form definiert. Was den meisten Menschen oft erst einmal nicht logisch erscheint. Beschäftigt man sich jedoch einmal intensiv damit, dann ist schnell bemerk- und erfahrbar, dass da etwas dran ist.

Marshall McLuhan hat das in Bezug auf Medien sehr gut beschrieben. Auf der (leide nicht mehr gewarteten) Website csszengarden.com ist das gut zu sehen, etwa an diesen beiden Websites:

 

So unterschiedlich sie erst einmal wirken, haben sie doch den identischen Inhalt. Nur wie der Leser den geschriebenen Inhalt aufnimmt, also interpretiert, wird maßgeblich von der Gestaltung definiert. Denn wir sehen ja nicht, was wir wahrnehmen, sondern wir interpretieren, was wir sehen.

Als ich noch als Anwalt gearbeitet habe, habe ich immer sehr darauf geachtet, welches Jacket ich bei welchem Gericht anzog – in der Erwartung, besser gehört zu werden, wahrgenommen zu werden. Was in der Regel auch funktionierte. Und seit ich ein anderes Motorrad fahre, fahre ich auch ganz anders – obwohl der Fahrer der selbe ist wie vorher auch.

Das bedeutet, dass letztlich nicht ich alleine meinen Fahrstil definiere, sondern mein Motorrad mischt da ordentlich mit. Ich bin „nur“ für den Möglichkeitsraum zuständig. Und ich fahre auch anders, je nachdem, wie ich angezogen bin – ordentlich, also korrekt und angemessen – oder eben nicht. Erst einmal definiere ich die Maschinen, die ich benutze, etwa indem ich sie kaufe, doch dann definieren sie mich über die Benutzung. Das betrifft alles, womit ich mich umgebe, meine Wohnung, meine Kleidung und so weiter und so fort.

Ich bin also ein Vasall meines Hab und Gut – und auch wieder nicht, wenn mir das bewusst ist. Ist es mir bewusst, kann ich es vorher gestalten, und dann bin ich der Chef. Das bedeutet, ich bin Vasall und Chef in einem – wenn mir bewusst ist, dass ich in der Aktion immer Vasall und nie Chef meiner selbst bin. Chef bin ich in der Vorbereitung und dann wieder in der Reflexion, dazwischen folge ich widerspruchslos der von mir definierten Form. Was liegt es da näher, als mich bewusst um „meine“ Form zu kümmern und diese auch immer wieder zu reflektieren?

Organisatorisches

Ich organisiere mein Weltbild so, dass ich mich bestmöglich in der Wirklichkeit zurecht finde, die ich zu erkennen gelernt habe. Das ist ein Gedanke, der sich aus mehreren Teilaspekten zusammensetzt, ähnlich wie sich ein Regenbogen aus den Teilaspekten Luftfeuchtigkeit, Licht, Einfallswinkel und natürlich der Wahrnehmung durch den Betrachter zusammensetzt.

Und so wenig, wie es den Regenbogen tatsächlich gibt, gibt es auch mein Weltbild nicht – und doch ist es für mich real. Schaue ich nicht hin, gibt es auch keinen Regenbogen. So ist es bei allem. Nur durch welchen Filter schaue ich auf die Dinge der Welt? Daher lohnt es sich, die einzelnen Teilaspekte einmal zu untersuchen, die ich wahrnehme, wenn ich etwas wahrnehme.

Es beginnt damit, dass es „die“ Wirklichkeit nicht gibt, sondern nur das, was ich als wirklich ansehe. Das ist ein mentaler Denkvorgang, meine Interpretation des Wahrgenommenen. Daher bin ich gut beraten, nicht auf meine Gefühle zu hören, sondern auf das, was ich untersuche.

Letztlich untersuche ich ja nicht wirklich das, was ich wahrnehme, sondern ich überprüfe meine Interpretationen auf Stimmigkeit. Daher sollte ich dabei idealerweise wie ein Wissenschaftler vorgehen und mich nicht von meinen inneren Bildern leiten lassen. Eine gute Übung im „Nicht-Bewerten“.

Wie ich die Dinge interpretiere (und nicht, wie ich sie sehe!) ist das Fundament für alles weitere – aber nicht mehr. „Die“ Wirklichkeit gibt es ja nicht, sie existiert ja ausschließlich in dem Moment, in dem ich sie wahrnehme, ähnlich einer juristische Sekunde, eine Zeiteinheit der Größe „null“.

Die Wirklichkeit, die ich auf meinem (!!) Fundament „Weltbild“ aufbaue, ist also ein extrem kurzlebiges Phänomen. Im Grunde existiert sie nicht, es kommt mir nur so vor, weil ich die einzelnen Augenblicksaufnahmen als einen kontinuierlichen Film interpretiere – was es aber nicht ist.

Ändert sich mein Weltbild, ändert sich auch die Wirklichkeit, die ich wahrnehme, auch wenn die Dinge als solche bleiben wie sie sind. Was natürlich nicht bedeutet, dass sie sich nicht verändern. Was aber nur heißt, wirklich aufmerksam sein zu müssen und nicht davon auszugehen, ich wüsste schon, was mir begegnet oder – noch schlimmer – was mir begegnen wird.

Das bedeutet, dass ich mich mit Bewertungen und Beurteilungen bestmöglich zurückhalten sollte, will ich mein Gegenüber erleben, wie er ist – und nicht wie ich ihn sehe beziehungsweise interpretiere. Alle Dinge, die ich benutze, wie etwa meine Wohnung, meine Kleidung und so weiter, werden mir mit hoher Wahrscheinlichkeit im nächsten Augenblick sehr ähnlich wie in dem Moment vorher erscheinen.

Also macht es Sinn, meine Wohnung oder meine Kleidung so zu organisieren, dass sie mein Weltbild für mich erlebbar machen. Es geht ja letztlich darum, wie ich mich organisiere. Denn wie ich in der Gesellschaft wahrgenommen werde, hängt ja davon ab, wie ich auftrete, also wie ich bin. Und das bin ich, weil ich mein Weltbild genau so organisiere, wie ich es eben organisiere. Nur ist das nicht festgelegt, sondern änderbar.

So wie auch Tiere und Vögel Freundschaften untereinander schließen und unterschiedliche Rollen innerhalb ihrer Gesellschaft einnehmen, machen auch wir Menschen das. Auch wir nehmen eine Rolle ein und organisieren uns mit Gleichgesinnten. Nur entweder unbewusst, was bedeutet, ich werde im Grunde von anderen regelrecht domestiziert – oder ich mache das bewusst selbst, indem ich mich selbst organisiere.

Eine Biene verlässt als unbeschriebenes Blatt ihre Larve und lernt von dem Kollektiv „ihre“ spezifische Aufgabe auszuüben. Die Zellen meines Körpers sind auch so organisiert. Sie beginnen als Stammzelle, bereit und fähig, jede Position einzunehmen, um dann die Funktion auszuführen, für die sie gebraucht werden, ob im Gehirn, im Herz, in einem Muskel oder im Darm.

Nicht anders ist es bei uns Menschen in der Gesellschaft. Ich etwa hatte als Beruf Jurist gelernt und als Anwalt gearbeitet, erkannte aber erst wesentlich später, dass meine eigentliche Kompetenz ganz woanders liegt und ich keine Lust auf die Rolle des Juristen hatte. Bei den Bienen klappt das scheinbar besser, „ihren“ Platz in der Gesellschaft zu finden als bei uns Menschen.

Der Vergleich mit den Körperzellen, die zu Beginn identisch anfangen und im Weiteren gleich bedeutend und auch gleich wichtig für das Ganze sind, macht einerseits demütig und sägt zum anderen ein bisschen am Stuhl meines Egos, was ja nicht schlecht ist. Jedenfalls ist es richtig, mir Gedanken über die mir zugedachte oder von mir „ausgedachte“ Rolle in der Gesellschaft zu machen.

Das bedeutet, bin ich mir über mein Weltbild zumindest einigermaßen im Klaren, dann sollte ich mir Gedanken über die Aufgabe machen, die mir zugedacht ist, also mir über meine Kompetenzen klar werden. Dann kann ich mir als nächsten Schritt Gedanken über meine Rolle in der Gesellschaft machen, wobei ich nicht diese Rolle definiere, sondern sie vorgegeben ist durch den Platz, an dem ich lebe.

Denn wenn alles das in sich differenzierte Eine ist, wie Hans-Peter Dürr es nannte, dann definiert dieses „Eine“ meine Rolle in der Gesellschaft.

Anders denken lernen

Ich selbst brauchte einen nicht übersehbaren „Hinweis“ in Form einer Lebenskrise, um letztlich zu verstehen, dass mein Weltbild nicht der Wirklichkeit entsprach. Also begann ich mich darum zu kümmern und mich zu fragen, was denn nun wirklich wirklich ist.

Ich denke, dass es den meisten Menschen so geht, nur dass die möglicherweise keine Lebenskrisen erleben und sie vielfach auch selten das eigentliche Problem erkennen, nämlich dass das „normale“ Verständnis von der Welt etwa im Jahr 1900 stecken geblieben ist und nicht mehr dem entspricht, was wir über die Welt wissen (könnten).

Wir leben in einer Zeit des Übergangs, in der die bisherigen, alten Weltbilder brüchig geworden sind und sich noch kein neues Weltbild etabliert hat, vor allem philosophisch nicht. Technisch nutzen wir schon längst das neue Wissen über die Welt, doch was das auch für unser eigenes Leben bedeutet, das wird noch vielfach schlichtweg ausgeblendet.

Es werden zwar gerne Gedanken der Meister des Ch’an, der Taoisten oder der Quantenphysiker zitiert, doch meist wie etwas, das eher einem Traum von Wirklichkeit entspricht, nicht aber der Wirklichkeit, so wie sie wirklich ist.

Der Schlüssel dazu ist das Aufgeben der Subjekt-Objekt-Spaltung, des logischen Entweder-Oder-Denkens wie die Zusammenschau von Außenwelt und Innenleben. Alles ist dynamische Beziehung. Die Wirklichkeit ist feldartig; Objekte oder Dinge sind lediglich Abstraktionen, die für die Formulierung von Standpunkten kommunikativ notwendig sind. Und nicht zu vergessen die Frage, die die Philosophen dieser Welt so lange beschäftigt hat, nämlich wie der Geist in die Materie kommt.

Das tut er nämlich nicht, denn Geist erscheint als Materie, genauso wie Materie als Geist erscheint. Also kein Unterschied, alles nur eine Frage des Standpunktes. Wir können die Welt tatsächlich nur beschreiben, abhängig von dem, was wir wahrnehmen. Was wir wahrnehmen zeigt uns nur das Wahrnehmbare – und nicht das Sichtbare, nicht aber die ganze Wirklichkeit.

C.G. Jung und Wolfgang Pauli arbeiteten in ihrem Briefwechsel an einer „neutralen Sprache“ (Pauli) für Materie und Psyche, Physik und Psychologie. In dem Buch „137“ ist das faszinierend nachzulesen. Und diese Zahl (?) „137“, eines der größten Mysterien der Physik, ist vielleicht eine Antwort auf alle unsere Fragen.

So wie „42“, ein Zitat aus dem Roman „Per Anhalter durch die Galaxis“ von Douglas Adams. Im Roman ist „42“ die von einem Supercomputer errechnete Antwort auf die „endgültige Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest“.

Also „42“ ist es nicht, aber vielleicht – ganz im Ernst! – „137“? In der Wissenschaft ist diese „magische Zahl“ als „Feinstrukturkonstante α“ bekannt, die genau genommen den Umkehrwert 1/137 (beziehungsweise 1/137,03599913) beschreibt und keine ganze Zahl in mathematischen Sinne, sondern ein physikalischer Wert ist.

Zurück auf den Marktplatz

Es ist nicht wichtig, ob ich das torlose Tor des Ch’an bereits durchritten habe, wenn ich in dem Bewusstsein lebe, was meine Aufgabe ist, nämlich so zu leben, als wäre ich hindurchgegangen.

Denn der Weg des Ch’an ist in Wirklichkeit kein Weg, es scheint nur ein Weg zu sein. Es ist allein mein eigener Geist, der mich auf einer bestimmten Ebene festhalten kann – nichts sonst. War nicht Hui neng, als er sein berühmtes Gatha verfasste, mit dem er sein Verständnis von der Wirklichkeit unter Beweis stellte, ein ungebildeter Tellerwäscher?

Zur Erinnerung:

Im Grund gibt es keinen Bodhi-Baum
Da ist kein klarer Spiegel auf einem Gestell
Im Ursprung ist da kein Ding
Worauf soll sich Staub legen

Ich kenne solche Momente, in denen alles „klar“ ist und es kein „Ich“ mehr gibt, keinen Gedanken, nur das, was ist – etwa, wenn ich gut mit dem Motorrad unterwegs bin. Genauso kenne ich Momente, in denen ich weiß, dass mich mein „Ich“ mal wieder in seinen Krallen gefangen hält.

Gut, wenn es mir bewusst ist, denn dann bin ich schon wieder draußen. Es gibt keinen Weg zur Erkenntnis, das ist (für mich) Unfug. Entweder ich „weiß“ – oder ich weiß eben nicht. Ein bisschen erwacht zu sein gibt es nicht, allenfalls kann ich schlau daherreden. Nur das ändert nichts. „Erwachen“ ist ähnlich wie das Licht: Entweder es ist an oder aus, dazwischen gibt es nichts.

Es macht einen Unterschied, ob sein will wie Yoda – oder ob ich wie er bin. Ob ich es dann bin, das mögen andere beurteilen. Ich bin, wie ich bin, aber eben nicht beliebig, sondern mit einem klaren Anspruch.

Also einmal tief durchatmen – und keine Absichtserklärung.

Über mich

Was gibt es da zu sagen? In meinem früheren Leben war ich Anwalt, hatte jedoch, bevor ich zu den Juristen wechselte, ein paar Semester Physik studiert.

Nachdem ich jeden Stolperstein gefunden hatte, über den ich stolpern konnte, begann ich dann doch einmal, mich selbst zu hinterfragen und meine eigene Geschichte und meine Art aufzudecken.

Dabei entdeckte ich die Physik aufs Neue für mich. Aber lesen Sie selbst, denn darüber schreibe ich hier. So jedenfalls sehe ich mich selbst und damit auch den Kosmos, nur dass der ein bisschen größer ist als ich.

Aber letztlich sind wir ein und das selbe, wenn ich auch differenziert bin. Der Kosmos (nicht das Universum!) und, wenn Sie so wollen, meine Seele (also nicht „Ich“) sind eins – aber eben differenziert.

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